F-Ü-I-D
III. Augen
for bariton and piano (2010), 15 min.
Kompositionsauftrag der Kasseler Musiktage 2010
Premiere: 07.11.2010, Kassel
Bariton: Clemens Gnad, Piano: Xiang Huang
F-Ü-I-D ist mein erster Liederzyklus für Singstimme (Bariton) und Klavier. Als Textgrundlage habe ich dafür drei Gedichte aus drei unterschiedlichen Epochen und Stilen der chinesischen Literaturgeschichte ausgewählt.
Ich versuche kompositorisch Wege zu gehen, die für einen Liederzyklus zunächst ungewöhnlich erscheinen. Es ist mir daran gelegen, in die kompositorische Deutung der lyrischen Texte dramatische Elemente hineinzutragen. Singstimme und Klavier erhalten Freiräume, sich eigenständig und partiell unabhängig voneinander zu entwickeln. Gleichzeitig gibt es jedoch auch Elemente, die ungewöhnliche Verknüpfungen zwischen beiden Akteuren herstellen. Das Erforschen und Entdecken unverbrauchter Möglichkeiten der Kommunikation zwischen Stimme und Klavier sind ein Kerngedanke meiner kompositorischen Arbeit an F-ü-i-d.
Jedes der drei Lieder entwickelt sich auf Grundlage eines je bestimmten Klangfelds und gewinnt so seine eigenen, charakteristischen Farben. Durch verschiedene Zentralklänge habe ich versucht, unterschiedliche Atmosphären in die Musik hineinzutragen. Verschiedene kleine Überraschungen verstecken sich in der Musik.
Y.W. Okt.2010, Köln
I. Schnee am Fluss (Liu Zongyuan773-819)
Über tausend Berge fliegen keine Vögel.
Menschenleer Zehntausend Wege.
Einsam sitzt im Boot ein Alter.
Bambushut mit breiter Krempe.
Achtet nicht auf Schnee und Kälte,
Angelt ganz allein am Fluss.
II. Fette Ratte (Aus dem ‚Buch der Lieder’ ShiJing 1000-600 v.Chr.)
Fette Ratte, fette Ratte!
Bitte lass mein Korn in Ruhe!
Hast es jahrelang gefressen.
Muss jetzt endlich weiterziehen,
Ohne dich, an andren Ort.
Bitte lass mein Korn in Ruhe!
III. Augen (Gu Cheng 1956-1993)
Die schwarze Nacht gab mir diese schwarzen Augen.
Aber ich nutzte sie, um nach dem Licht zu suchen